Die vorgehaltene Hand

von Klaus Bröhenhorst

Foto: widiwidi/freeimages.com

Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Bei einer Fußballübertragung? Dass da das offene Wort gescheut wird.

Nein, nicht nachher, nicht bei den Interviews. Da wird munter parliert. Wobei wir die meisten Sprüche ja schon kennen. Dass da jemand einen grottenschlechten Tag hatte. Ihm das Pech an den Stiefeln klebte. Und der Schiedsrichter seinen Teil zur Hektik beitrug. Alles geschenkt! Und gähn, gähn, gähn. Langweilig! Warum die Fernsehanstalten meinen, durch Interviews die Sportüber-tragungen in die Länge ziehen zu müssen - ich weiß es nicht. Die meisten Interviews sind belanglos.

Umso wichtiger freilich scheint zu sein, was während des Spiels zwischen den Spielern oder auf der Trainerbank gesprochen wird. Da halten sich alle eine Hand vor das Gehege ihrer Zähne – wie Oma, die der Güte ihrer Gebiss-Haftcreme nicht so recht traut. Merkwürdige Geste: Hand vorm Mund. Und flüster, flüster, flüster ins Ohr der geneigten Mitspielers oder Co-Trainers. Was wird da gesprochen? Soll wohl wichtig sein. So wichtig, dass es kein anderer mitbekommen darf. Aber ist das wirklich so? Ich meine, es wird nur so getan als ob. Ich meine: Die vorgehaltene Hand täuscht Wichtiges vor. Der Gegner soll denken: Die planen was. Aber dann geht der Freistoß doch in die oberen Ränge des Stadions oder zur Eckfahne oder leitet den Konter des Gegners ein. Und dann heißt es „Scheibenkleister“ - ganz ohne vorgehaltene Hand.

Die Frohe Botschaft von Jesus Christus – auch sie verträgt keine vorgehaltene Hand. Oder können Sie sich vorstellen, dass ein pastoraler Mensch sich an Sie heran-schleicht, seine Hand vor den Mund legt und Ihnen zuflüstert: Der Herr segne dich!? Würden Sie nicht denken: Der hat ´se nicht mehr alle? Oder in den Gottesdiensten, in denen die liturgische Eröffnung als Wechselgruß üblich ist, soll es da jeweils hinter vorgehaltener Hand heißen: „Der Herr sei mit euch“ – „Und mit deinem Geist“? Wie unpassend wäre das denn! Kabarett am Sonntagmorgen! „Ich schäme mich des Evangeliums nicht“, sagt Paulus im Römerbrief. Ich schäme mich nicht. Darum spricht er frei, in Freimut und mit offenem Angesicht.

Immer, wenn ich beim Fußball die vorgehaltene Hand sehe, denke ich: Wie blöd! Ich hoffe, dass ich das auch denke, wenn das Evangelium laut werden will.


Pfr. Klaus Bröhenhorst, 22. März 2017
 

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