Weltoffener Humanismus, geprägt durch Aufklärung, Toleranz und politischen Frieden

Reformationsjubiläum: Erasmus von Rotterdam neu entdecken und feiern

Erasmus von Rotterdam auf einem Gemälde von Hans Holbein d. J./ Wikimedia Commons

Im Jahr des Reformationsjubiläums wäre es nach Ansicht des Präsidenten des deutschen Zweigs des Internationalen Versöhnungsbundes, Ullrich Hahn (Villingen-Schwenningen) an der Zeit, den Humanisten Erasmus von Rotterdam wieder zu entdecken und zu feiern.

Erasmus' Wirken für die Einheit der Kirche aus einem erneuerten Geist in Verbindung mit einem weltoffenen Humanismus, geprägt durch Aufklärung, Toleranz und politischen Frieden wäre es wert, schreibt Ullrich Hahn in einem Impuls der evangelischen Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) zum Reformationsjubiläum.

Wer dieser Tage durch Buchhandlungen schlendere, finde viel Luther, aber keinen Erasmus, bedauert der Präsident des deutschen Zweigs des Internationalen Versöhnungsbundes. Der ältere Zeitgenosse Luthers ist vergessen. Von den Protestanten, weil er katholisch blieb, von den Katholiken, weil er reformatorische Anliegen in der noch ungeteilten Kirche vertrat, die dann aber nach dem Auftreten Luthers als kirchenspaltend galten und nicht mehr diskutabel waren, so Hahn.

[Hinweis der Redaktion für Reformierte: Erasmus gilt als Wegbereiter Zwinglis!]

Dabei habe Erasmus schon lange vor Luther den Ablass und alle nicht vom Evangelium und der inneren Einstellung getragenen Riten und Formen kritisiert. Für Erasmus habe im Zentrum christlichen Lebens die Bergpredigt gestanden und damit die Liebe zu allen Menschen, nicht aber ein Dogmengebäude, das die Menschen zum Glauben zwinge und Ketzer zum Scheiterhaufen verurteile, schreibt Ullrich Hahn. Ein Glauben-müssen war für Erasmus nicht mit dem Geist Jesu vereinbar, wohl aber Toleranz für anders Denkende, betont der Rechtsanwalt.

Vor allem sei Erasmus leidenschaftlich für den Frieden eingetreten, ebenso für ein Europa, welches durch die gemeinsamen Sprachen Griechisch und Latein sowie den gemeinsamen Glauben verbunden sein solle. Es wäre ihm nicht in den Sinn gekommen, nationale Gegensätze hervorzuheben, wie es Luther unternahm“, meint Ullrich Hahn. Aus seiner Feder stamme zudem die erste textkritische Ausgabe des Neuen Testamentes. Darum sei es wichtig, sich beim Reformationsjubiläum auch dieser als die für unsere Zeit gemäße Reformation zu erinnern und diese wieder zu entdecken, ist der Präsident des deutschen Zweiges des Internationalen Versöhnungsbundes überzeugt.

Der Impuls Die andere Reformation: Erasmus von Rotterdam ist der sechste Beitrag eines von der Aktionsgemeinschaft für den Frieden am Reformationstag 2016 gestarteten Projekts Reformation heute Gewalt absagen und Frieden wagen, mit dem die AGDF einen Beitrag zum Reformationsjubiläum leisten, sich kritisch mit der reformatorischen Geschichte auseinandersetzen und dabei einen Fokus auf Gewalt und Gewaltfreiheit legen will. Die Impulse, die dazu veröffentlicht werden, sollen Denkanstöße für eine weitere Diskussion sein.

Der Beitrag Die andere Reformation: Erasmus von Rotterdam von Ullrich Hahn findet sich auf der Homepage der AGDF (www.friedensdienst.de). Dort stehen auch die weiteren bereits erschienenen Beiträge dieses Reformationsprojektes der AGDF.


5. April 2017
 

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