Erinnere dich! Predigt zum 9. November 1938

Kirchenpräsident Martim Heimbucher im Gedenkgottesdienst am 9. November in Leer

Denknmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin; Foto: Pim Zeekoers / CC BY 3.0

Kirchenpräsident Martin Heimbucher hat am Mittwochabend in Leer an die Vernichtung der Juden in Europa während der NS-Zeit erinnert. "Heute erkennen wir, dass der Holocaust einen Bruch markiert nicht nur in der Geschichte unseres Landes, sondern einen Bruch in der gesamten westlichen Kultur", sagte er in seiner Predigt in einem Gedenkgottesdienst in der Baptistenkirche anlässlich der Reichspogromnacht vor 78 Jahren.

"Dieser Kulturbruch darf uns keine Ruhe lassen. Er muss unser Denken, Reden und Handeln verändern."

Die Nationalsozialisten hätten mit ihrem Versuch, die jüdischen Gemeinden und ihre Menschen auszulöschen, die Axt an die tiefste Wurzel der westlichen Kultur gelegt. Diese Wurzel fände sich in den jüdischen Glaubensüberlieferungen in Form der Zehn Gebote. Unter anderem heiße es dort: "Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen. Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten." Jedes dieser Gebote sei uralt, zeitlos aktuell und herausfordernd für die gesamte westliche Welt. "Und diese Gebote gelten im Übrigen auch für amerikanische Präsidenten, die sich Christen nennen", sagte Heimbucher mit Blick auf den Wahlsieg Donald Trumps in den USA.

Der Kirchenpräsident dankte dafür, dass es trotz der Schoah heute wieder jüdisches Leben in Deutschland gebe. "Und dass wir gemeinsam als Christen und Juden aufstehen können gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassenhass und Barbarei, wo immer sie sich in unseren Gesellschaften breitmachen wollen." Die Erinnerung an all das Geschehene dürfe dabei niemals verblassen, betonte Heimbucher und fügte hinzu: "Erinnere dich, Leer! Erinnere dich, Israel! Erinnere dich, Deutschland! Und ja, erinnere dich: Amerika!"

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 gingen die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen Juden über. In Deutschland und Österreich wurden mehr als 1.300 Menschen getötet und mindestens 1.400 Synagogen zerstört und in Brand gesetzt. Zudem wurden zahlreiche jüdische Geschäfte demoliert und Juden misshandelt. Auch in Leer seien die Synagogen abgebrannt, die Gemeindemitglieder zusammengetrieben, ihre Geschäfte zerstört und die Angehörigen in die Arbeits- und Vernichtungslager abtransportiert worden, sagte Heimbucher.

In dem ökumenischen Gottesdienst kam auch der Leeraner Jude Albrecht Weinberg zu Wort. Der 91-Jährige berichtete, wie er als Jugendlicher die Pogromnacht und Judenverfolgung erlebte. Er erinnert sich noch genau, wie er in der Pogromnacht durch die Straßen von Leer getrieben wurde. Über seine Eltern sagte er, "sie kamen nach Auschwitz und mussten direkt ins Gas".

Veranstalter des Gedenkgottsdienstes und des anschließenden Gedenkens an der Synogogengedenkstätte waren die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Ostfriesland.

9. November 2016
Ulf Preuß, Pressesprecher (mit epd)

Die Predigt im Wortlaut

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